Wir leben in einer Zeit, die laut geworden ist, sehr laut. Im Hintergrund sind wir fast immer Geräuschen ausgesetzt. Ist es nicht Musik bei uns zuhause, im Auto oder im Supermarkt, sind es Summ-, Brumm- oder Motorengeräusche. Handys vibrieren, Geräte piepsen, Menschen, die reden, lachen, schreien, …
Haben Sie auch manchmal Sehnsucht nach Stille – nach der Stille der Natur? Nach einer Ruhe, in der man Vogelstimmen hört, das Brausen des Windes oder das Plätschern des Wassers. Und manchmal gibt es ein paar Sekunden, wo wir gar nichts mehr hören. Wo es einfach nur still ist. Merken Sie, wie Ihre Seele dann aufatmet und Ihre Nacken- und Schultermuskulatur entspannt, weil sie Ihre Ohren nicht mehr vor dem Lärm schützen muss?
Doch vielleicht lieben Sie es, um sich Geräusche zu haben. Vielleicht sagen Ihnen die Geräusche: Ich bin nicht allein. Manch einer kann sich besonders gut in der Bahn oder einem Cafe konzentrieren. Anderen helfen die Geräusche nicht dem Lärm Ihrer Gedanken ausgesetzt zu sein. Denn das ist so eine Erfahrung, die wir machen: Wird es um uns ruhig, kann es in uns laut werden. Dann meldet sich Unverarbeitetes, Aufgeschobenes, Verdrängtes, Dinge, die uns Angst machen, … eben das, was bis jetzt schweigen musste, weil es uns unangenehm ist.
Und weil wir uns gerade nicht zutrauen, das Unangenehme auszuhalten oder zu lösen, wählen wir dann doch lieber die Aktivität oder den “fröhlichen Lärm”. Das ist etwas paradox, denn eigentlich sehnen wir uns nach Stille. Wir sehnen uns nach Stille in unserer Seele. Wir sehnen uns nach Frieden, nach Ruhe – nach gestillt sein. Denn darum geht es bei der Stille – ich bin satt und gestillt. Geborgen.
Wussten Sie, dass einer der Hauptschlüssel um äußerlich oder innerlich ruhig zu werden und Stille wahrnehmen zu können, Ihr Atem ist?
Das hängt mit dem Aufbau unseres Gehirns zusammen. Jedes Gefühl, jede Empfindung (Freude, Angst, Wut, Gelassenheit, Friede, …) hat sein ganz eigenes Atemmuster. Wenn ich mich freue, atme ich anders, als wenn ich Angst habe. Wenn ich angespannt bin und unbedingt etwas schaffen will, atme ich anders, wie wenn ich gelassen bin. Das bedeutet, wenn ich einen unangenehmen Gemütszustand verlassen will, kann ich das am schnellsten und leichtesten über den Atem erreichen. Ich muss nur so atmen, als ob …
Wollen Sie es einmal ausprobieren?
Legen Sie ihre Hand auf Ihr Brustbein, dort wo Ihr Herz ist. Spüren Sie einfach, wie Ihr Brustkorb sich sanft hebt und senkt. Vielleicht merken Sie, wie Sie schon automatisch anfangen, tiefer und ruhiger zu atmen. Wenn Sie wollen, schließen Sie die Augen, dann intensiviert sich Ihr Gespür für die Atmung. Falls Sie anfangen zu gähnen, ist das sehr gut. Nun löst sich Ihre Kiefermuskulatur und auch Ihr Zwerchfell. Alle Ihre inneren Organe bekommen nun eine sanfte befreiende Massage. Vielleicht spüren Sie inzwischen, wie die Luft sanft durch Ihre Nasenflügel einströmt und dort oder über Ihren Mund wieder ausströmt. Wenn Sie noch mehr in die Entspannung kommen möchten, dann atmen Sie doch mit einem leichten ffff über den Mund aus. Vielleicht nehmen Sie nun auch wahr, dass bevor Ihre Nase oder Ihr Brustkorb wieder Luft holen, ein Moment der Stille, der absoluten Ruhe ist. Einatmen – Ausatmen – Stille. Einatmen – Ausatmen – Stille.
Ich lade Sie nun ein, das, was Sie eben erlebt haben,
zu ernten:
Was ist nun anders? Wo fühlen Sie sich lebendig?
Die Fähigkeit, bewusst innezuhalten und den langsamen Fluss Ihres Atem zu spüren, kann Ihnen bei den nachfolgenden Anregungen helfen, wie Sie innerlich oder äußerlich Stille finden können
Wie kann es nun um mich und in mir still werden?
Hier vier Anregungen:
Die Vorschläge 1 – 3 habe ich dem Fastenprojekt “Der Spur der Sehnsucht folgen” von Via Cordis entnommen.
- Folgen Sie Ihrer Sehnsucht nach Stille und suchen Sie in dieser Woche verschiedene Orte der Stille auf. Halten Sie inne und seien Sie ganz gegenwärtig und ganz Ohr.
Spüren Sie der Wirkung der Stille nach. - Unterbrechen Sie mehrmals am Tag alles Tun und Machen, vielleicht stündlich, und lauschen Sie. Nichts anderes tun, als atmen und lauschen. Lauschen Sie auf die Stille in und hinter allem Lärm.
- Sie können auch ein Lied so lange singen, bis es ganz still wird in Ihnen. Lassen Sie das Lied in der Stille nachklingen. Und genießen Sie die Stille nach dem Gesang.
- Ein weiterer Weg in die Stille ist das bewusste Zulassen, Loslassen, Einlassen bzw. mich Gott überlassen. Zulassen, was mich gerade beschäftigt, Loslassen, was ich nicht ändern kann und mich Einlassen auf Gott.
Wie kann das gelingen?
Unser Gehirn ist so konstruiert, dass solange wir Dinge “nur” denken, sie meist weiter in unserem Gehirn kreisen. Sobald wir sie mit den Händen, mit dem Körper, mit Stiften, Ton, … ausdrücken, verlässt das, was uns “gefangen hält” die Denkbahn und es verwandelt sich. Eine Möglichkeit das praktisch zu erleben, ist das Meditative Malen.
Das Meditative Malen ist eine wunderbare Möglichkeit in die Stille zu finden durch
> Zulassen, wie es mir gerade geht
> Loslassen, was mich gerade beschäftigt oder ich unbedingt will
> und Einlassen aufs Malen, die Farben, die Kreativität und die Begegnung mit Gott.Vor allen für Menschen, die vor dem “Lärm” in ihrer Seele fliehen, ist es eine große Hilfe. Ohne Angst können sie hier sich wahrnehmen und Gottes Zuspruch, Gegenwart und Hilfe erfahren. Die diesjährige Möglichkeit Meditatives Malen für sich und andere zu erlernen, finden Sie vom 17. – 19. April im Kloster Himmelspforten in Würzburg. Infos finden Sie hier.
Von Herzen wünsche ich Ihnen Mut Ihrer Sehnsucht nach Stille zu folgen. Viel Freude beim Erleben der Stille und des Gestilltwerdens.
Andrea Kreuzer